Am Sonntag-Morgen verpassten Mike und ich (wie üblich) das Frühstück. Willi war nach wenigen Stunden Schlaf bereits topmunter. Er hatte gleich zwei Mal gefrühstückt. Ja, der Buddha-Bauch braucht Brennstoff. Claudia sah gegen 11 Uhr immer noch etwas müde aus. Die ganze Nacht hatte es gestürmt und geregnet. Scheinbar beeinträchtigte dies den Schlaf von Claudia. Bei Mike und mir kann in der Nacht die Welt untergehen – wir merken das erst hinterher.
Nachdem Willi buddha-mässig nett die Bedienung gefragt hatte, bekamen Mike und ich noch ein ausgiebiges Frühstück. Nur mit dem Kaffee stimmte etwas nicht. Schon am Vortag hatten wir gedacht, dass das Pulver oder die Bohnen ausgegangen zu sein schienen. Nein, es war ein Dauerthema: Bodensee-Kaffee! Oder wie bei „Asterix in Britannien“ üblich: „Etwas Milch in das heisse Wasser?“
Egal, auf jeden Fall hörte es gegen Mittag auf zu regnen und der Himmel wurde bayerisch: Weiss und blau! Wir bezahlten die Übernachtung, verliessen „Den Oberen Wirt zum Queri“ und steuerten Dank Navi zielgerichtet Kaltenberg an. Wir fuhren am Ammersee vorbei und erreichten nach 30 Minuten Fahrt den riesigen Parkplatz unterhalb des zum Schloss Kaltenberg gehörenden Festgeländes.
Wir durchschritten die Kontrollen am Tor und wurden sofort mit den ersten Rittern konfrontiert. Vollkommen planlos versuchten wir uns zuerst ein Gesamtbild der Situation zu schaffen. Irgendwie äusserte sich das Festgelände als Mischung aus bayerischem Disney-World und Robin-Hood-Film-Set. Von Ferne hörten wir Trommelwirbel. zwischen typische Touristen mit Sandalen, kurzen Hosen, weissen Socken und Baseball-Kapi erkannte man viele verschiedene liebevoll bekleidete Mittelalter-Darsteller. Sogar ein Drache war mit von der Partie!
Verschiedenste Fress-Stände mit original zubereiteten Speisen sorgten für das leibliche Wohl der Gäste. Met und original königlich bayerisches Kaltenberger-Bier aus der schlosseigenen Brauerei (König Ludwig Schlossbrauerei) rundete das Mahl ab. Auf mindestens 5 Bühnen sangen die Spielleute, jonglierten Gaukler oder tanzten bunt bekleidete Gruppen. Auf dem Weg zum Schloss Kaltenburg kamen wir an verschiedensten Standerl vorbei, die von Schwertern bis zu Holzschnitzereien alles anboten, was es im Mittelalter auch schon gab. Das Schloss ist heute Wohnsitz von Luitpold Prinz von Bayern (Urenkel des letzten bayerischen Königs, Ludwig III..), und dessen Familie. Im Schlossinnenhof warfen sich Fahnenschwinger (und -innen) aus Italien eben die Fahnen zu. Das hatte ich in Sienna schon einmal gesehen und bewundert.
Wir schlenderten an der grossen Arena vorbei und sahen uns den Königssaal an. Anschliessend ruhten wir uns im Rittercamp aus und beobachteten die Vorbereitungen der Hauptakteure, wie „Schwertklinge schleifen“ oder „Wamps am Feuer trocknen“. Ja, am Abend zuvor hatte es ja massiv geregnet und gehagelt. Die Kleidung musste nun in der Sonne getrocknet werden. Um 15 Uhr trat die uns unbekannte, aber offensichtlich sehr berühmte Band „Corvus Corax“ auf der Hauptbühne auf.
Anschliessend bezogen wir unsere Plätze in Block C genau gegenüber der Haupttribüne. Der Himmel zeigte sich bayerisch in blau und die Sonne brannte auf den Pelz. Nur Mike riskierte eine dicke Lippe: Und schon stach ihn eine Wespe in eben diese. Aber mit einer Mass (Radler) konnte eine erste Linderung herbei geführt werden. Dann liefen und ritten die Kontrahenten in die Arena ein. Ein BR3-Moderator moderierte moderat das Treiben und das Schauspiel konnte beginnen. Nur der Schwarze Ritter musste natürlich wieder einmal die mittelalterliche Geschichte stören. Mit seiner Lanze stiess er einen nach dem anderen aus dem Sattel.
Bis der Bayerische Oberritter die Hufe seines Pferdes in den Sand setzte und den Schwarzen Unhold herausforderte. Wie es so ist: Das Gute besiegt das Böse (zumindest im Märchen) und der Bayer gewinnt demokratisch nach Abstimmung des Publikums, obwohl die zwei Dreikäsehoch neben uns sich die Kehle heiser plärrten, um den Schwarzen Ritter zumindest kehlkopfstimmliches Übergewicht zu verleihen. Aber es half nix. Der Bayer wurde zum König gekrönt und die Mittelalterlichen Massen feierten. Der Auszug aus dem Stadion dauerte etwas. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, wie es am Samstag bei dem Unwetter zugegangen sein muss. Aber wir hatten Zeit – Nur kein Stress – Es ist Sonntag – Tag des Herren – Und die Herren haben Zeit.
Wir schlenderten zurück zum Rittercamp und hielten an einem Knödelstand. Ja, richtig gelesen. Es gab dort gefüllte Semmelknödel mit Sauerkraut oder süsse Knödel mit Fruchtmarmelade (oder ähnlich). Aber das Wichtigste: Es gab Kaffee! Naja, das was man hier in der Umgebung zumindest dafür hält. Ich schüttete etwas Milch in das heisse Wasser und etwas Zucker. Dann ging es schon.
Nachdem der erste Abwanderungsschwall abgeebbt war, wanderten auch wir gemächlich durch die Standerl zurück zum Parkplatz. Willi organisierte sich noch eine „Regensburger-Knacker-Semmel“ für den kleinen Hunger zwischendurch – also einen „McRegensburger“ – und dann bestiegen wir die Fahrzeuge.
Zum Abschluss fuhren wir noch nach Schondorf am Ammersee und genehmigten uns im Restaurant „See Post“ ein gemütliches Abendessen (Obatzda mit Brezn) mit Blick auf eben den abendlichen Ammersee. Dann starteten Claudia, Mike und Willi gen Nordosten und ich entgegengesetzt nach Südwesten. Ein spannendes und erlebnisreiches Wochenende neigte sich dem Ende.
Ausgewählte Bilder von den „Kaltenberger Ritterspielen“ findet Ihr auf meinem PICASA-Account.