Nachdem ich soeben den Artikel in der „Augsburger Allgemeinen“ gefunden habe, darf ich nun auch in einem Beitrag über die wohl kurioseste Story meines Lebens berichten. Heute fand die Hauptverhandlung am Amtsgericht Landsberg vor dem Verkehrsgericht statt und ich war dort als Zeuge vorgeladen.
Ich muss dazu sagen, dass ich keineswegs auf der Jagd nach Verkehrsündern bin, wenn ich mit dem Auto unterwegs bin. Nur der geneigte Stamm-Leser und meine Freunde und Kollegen kennen mich: Ich hab immer die Digitalkamera in der Hosentasche; denn jeden Tag passiert irgendetwas Kurioses. Und da man sich nicht mehr alles merken kann, was rund um mich herum alles passiert, lichte ich das dann ab. Üblicherweise entstehen dann Bilder von Landschaften, Tieren, Pflanzen, Veranstaltungen und sonstigen Erlebnissen – und eben Kuriositäten.
Aber am 27.08.2007 geschah etwas Einmaliges, Aussergewöhnliches, absolut Verrücktes: Ich befand mich auf der Rückfahrt von Deggendorf zurück nach Zürich. Auf der A96 München-Lindau bei Eching am Ammersee fuhr ein Kleintransporter mit offener Ladefläche ganz nah auf mein Heck auf. Ich überholte noch das neben mir fahrende Fahrzeug und wechselte nach rechts.
Dicht vor mir wechselte auch der Kleintransporter auf die rechte Spur, beschleunigte dann und zog an einer Kolonne im Tunnel rechts überholend vorbei. Auf einen LKW aufschliessend zog er unvermittelt nach links. Dadurch musste ein ebenfalls den LKW überholdender BMW stark bremsen. Nach dem Tunnel wird die Geschwindigkeitsbegrenzung aufgehoben und es geht bergauf. Auf den folgenden circa 12 Kilometern bis zur nächsten 120er-Zone vor Landsberg Ost holte ich den Kleintransporter wieder ein und liess ihn hinter mir.
Nach dem 120er-Schild fuhr ich rechts, legte den Tempomat ein und öffnete das Fenster ein Hand breit. Dann zündete mir eine Zigarette an und tuckerte gemütlich dahin. Bis ich plötzlich im Rückspiegel zwei Kleintransporter – einen auf der linken und einen auf der rechten Spur – von hinten parallel auf mich zukommen sah. In diesem Moment löschte ich die Zigarette und nahm die Fotokamera vom Beifahrersitz, stellte mit dem Daumen auf „Filmen“ und drückte auf den Auslöser. Der auf meiner rechten Spur hinter mir fahrende Kleintransporter mit offener Ladefläche schloss dicht zu mir auf und zog dann knapp hinter dem auf der linken Spur fahrenden Kleintransporter an mir vorbei. Ich folgte mit der Digicam in der Hand dem Geschehen.
Scheinbar lieferten sich insgesamt drei Kleintransporter ein privates Rennen im dichten Berufsverkehr gegen 17 Uhr. Zwei der Transporter verliessen dann die Autobahn bei Landsberg Ost. Der mit der offenen Ladefläche fuhr mit etwa 120 km/h weiter auf der A96 auf der linken Spur. Aber nur bis wenige 100 Meter nach dem Beschleunigungsstreifen der Zufahrt Landsberg Ost.
Denn dann wurde ich auf der Autobahn A96 auf der Überholspur nach der Ausfahrt Landberg Ost ausgebremst. Der Kleintransporter setzte die Warnblinkanlage, bremste bis zum Stillstand ab. Ich dachte zuerst, dass einen Stau vor uns gibt, drückte auf den Knopf der Warnblinkanlage, verringerte zuerst sanft die Geschwindigkeit und bremste dann stark ab, bis ich neben der linken Leitplanke versetzt hinter dem Kleintransporter zum Stehen kam.
Ich legte die Digicam auf den Beifahrersitz zurück. Es gab aber keinen Stau – zumindest vor uns nicht. Der Fahrer stieg aus und kam auf mein Auto zu. Ich nahm das Mobiltelefon vom Beifahrersitz. Bei der Beifahrertür angekommen, griff er plötzlich durch den Spalt des Seitenfensters nach meinem auf dem Schoss liegenden Mobiltelefon, nahm es an sich, lief zurück zu seinem Kleintransporter und stieg wieder in den Kleintransporter ein! Dann fuhr er im fliessenden Verkehr mit eingeschalteter Warnblinkanlage nach rechts über die rechte Spur auf den Standstreifen und verliess die Autobahn bei Landsberg Nord.
Richtig gelesen: Handyklau auf der Überholspur! So konnte ich nicht anders, als den Übeltäter anzuzeigen. Und das Tollste an der Angelegenheit: Ich filmte das eigentliche Vergehen mit meiner Foto-Digitalkamera. Die Polizisten staunten nicht schlecht, als ich vor einem halben Jahr auf die Frage „Was liegt den vor“ meine Aussage mit dem Titel „Diebstahl eines Mobiltelefons auf der Überholspur der A96“ einleitete und sie dann das Video auf der Dienststelle ansahen. Der Richter präsentierte dieses Video auch heute in der Hauptverhandlung.
Am Ende stand dann das Urteil für den Fahrer des Kleintransporters fest: Gefährlicher Eingriff in den Strassenverkehr, Nötigung und „Veränderung von Datenmaterial“. Strafe: 10 Monate auf Bewährung (3 Jahre Bewährung), 20 Monate Führerscheinentzug (ab Urteil), 120 Stunden gemeinnützige Arbeit, Tragen der Gerichtskosten. (ohne Gewähr auf korrekte rechtliche Schreibweise).
Der öffentlichen Hauptverhandlung wohnten zwei Pressemitarbeiter bei. Auf die Frage, warum beide anwesend seien, meinten diese, dass so etwas, wie dieser Fall, wohl einmalig sei. So findet man nun die Kurzform der Angelegenheit eben bei der „Augsburger Allgemeinen“ unter dem reisserischen Titel „Duell auf der Autobahn„. Sachen gibt’s, die gibt’s gar nicht.