28.11.2008 – Thailand/Bangkok: Anarchie, Barrikaden, Proteste, festsitzende Touristen vs. Schweizer Gelassenheit

28. November 2008

Für beide Seiten ein echter Albtraum: Für den Tourismus, der eine wichtige Einnahmequelle für Thailand ist und für die Urlauber; denn 90 000 Touristen sitzen in Bangkok oder den Tourismuszentren fest und Tausende Touristen können ihren Urlaub durch die abgesagten Flüge nicht antreten. Über zwei Flughäfen verhängte die Regierung den Ausnahmezustand. Auf der einen Seite bauen die Demonstranten Barrikaden und auf der anderen Seite sammeln sich die Sicherheitskräfte mit Schlagstock und Schild. Der Polizeichef wurde gefeuert, weil er nicht rigoros genug gegen die Demonstranten vorgegangen ist. Währenddessen versuchen Fluggesellschaften wie LTU und Thai Airways auf noch geöffnete Flughäfen auszuweichen. Schlimm trifft es aber auch Urlauber der angrenzenden Länder in ihren Feriendomizile. Bangkok ist ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt für Flugbewegungen in Asien.

Der Imageschaden für Thailand muss enorm sein; denn es ereignen sich in fast regelmässigen Abständen entweder politische oder Naturkatastrophen. Die uns am meisten in Erinnerung gebliebene Naturkatastrophe ist wohl der Tsunami vom zweiten Weihnachtsfeiertag 2004. Durch ein Seebeben im Indischen Ozean vor der Insel Sumatra, das eine Magnitude um 9,3 auf der Richterskala hat – das drittstärkste je gemessene Beben –, ereignet sich eine der bisher schlimmsten Tsunamikatastrophen der Geschichte. Mindestens 231.000 Menschen (Stand: Dezember 2005) in 8 asiatischen Ländern werden getötet. Die Flutwelle dringt auch mehrere tausend Kilometer bis nach Ost- und Südostafrika vor.

Am 19. September 2006 kam es zu einem unblutigen Putsch. Polizei und Militärkräfte besetzten Bangkok und erklärten die Amtszeit Thaksin Shinawatras, der sich zu diesem Zeitpunkt bei der UN-Generalversammlung in New York City aufhielt, für beendet. Panzer rückten in das Stadtzentrum ein und umstellten Regierungsgebäude. Soldaten besetzten mehrere Fernsehsender.Am 31. Dezember 2006 explodierten in Bangkok mehrere Bomben und forderten einige Todesopfer und Verletzte. Die Hintergründe sind unklar. Die thailändische Regierung hat die Sicherheitsmassnahmen vor allem in den Touristenzentren und in Bangkok erhöht. In Bangkok finden seit Ende August 2008 grössere politische Demonstrationen statt. Dabei ist es wiederholt zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen, vor allem in der Umgebung von Regierungsgebäuden. Der Grenzkonflikt um den Tempel Preah Vihear im Osten des Landes im Grenzgebiet zu Kambodscha hat sich zugespitzt. Thailändische und kambodschanische Truppen stehen sich beim Tempel gegenüber. Am 15. Oktober 2008 kam es zu einem Schusswechsel.

Thailand wird – falls die Proteste irgendwann demnächst aufhören – einige Monate brauchen, um sich von diesem Imageschaden zu erholen. Die Vogelgrippe (Pandemie) habe ich noch gar nicht erwähnt.

Das Interessante dabei ist die gewohnte Gelassenheit der Schweizer Ministerien und der Schweizer Urlauber. Hier aus dem aktuellen Artikel in der NZZ-Online:

Die Schweizer Reiseveranstalter melden übereinstimmend, die Zuspitzung der Situation in Thailand habe bisher keinen Einfluss auf die Buchungen gehabt. Vorläufig seien keine Annullationen oder Umbuchungen auf andere Destinationen vorgenommen worden. Im Gegenteil würden noch immer Badeferien gebucht. Peter Brun von Kuoni führt das darauf zurück, dass es sich bei den Kunden vielfach um erfahrene Thailand-Reisende handle. Sie könnten die Lage einschätzen und wüssten, dass Ferien an den Stränden im Süden Thailands problemlos seien.

Dieser Ansicht ist weiterhin auch das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Zwar bleibe die Lage gespannt und Demonstrationen seien zu meiden, heisst es bei den Reisehinweisen für Thailand. Von einer Reise rät das EDA aber nicht ab.

Dem letzten Absatz widersprechen allerdings die aktuellen Informationen der EDA für Thailand:

Am 25. November 2008 kam es im und um den internationalen Flughafen von Bangkok (Suvarnabhumi) zu Demonstrationen. Seither kommt es zu Behinderungen, und der Flughafenbetrieb auf beiden internationalen Flughäfen in Bangkok (Suvarnabhumi und Don Mueang) bleibt bis auf weiteres eingestellt. Bleiben Sie in Kontakt mit Ihrem Reiseveranstalter oder Ihrer Fluggesellschaft und meiden Sie Demonstrationen und grössere Menschenansammlungen jeder Art.
Die weitere Entwicklung der Lage bleibt ungewiss. Es wird geraten, geplante Reisen nach Bangkok bis auf weiteres zu verschieben.

Momentan würden lediglich 120 Schweizer in Thailand festsitzen – allerdings sind diese in Hotels in Bangkok untergebracht. Die verschiedenen Reiseveranstalter kümmern sich um alles Weitere.

Tja, ich nehme es ebenso gelassen – man gewöhnt sich daran; denn mein Flug geht erst in 37 Tagen. Aber ich würde am liebsten heute schon fliegen.


28.11.2008 – Zürich: Nervigste Schweizer Mike Shiva ohne Zähne? Anzeige in 20Minuten auf Seite 36

28. November 2008

Das haben heute sicherlich nicht viele entdeckt! Bei der Zigarettenpause blättere ich dann doch das ein oder andere Mal in der kostenlosen Zeitschrift, welche nach dem „Die Ärzte“-Motto „Angst, Hass, Titten und der Wetterbericht“ gestaltet ist. Die Rede ist von der Tageszeitung 20Minuten. Auf Seite 36 entdecke ich eine Anzeige ohne Text und Absender, auf dem der Schweizer Hellseher überhaupt abgebildet ist – allerdings ohne Schneidezähne. Mein Grinsen weitet sich in Gelächter und dem innerlichen Drang das Bild im Blog zu veröffentlichen. So können auch die vielen Nichtleser ausserhalb des Zürcher Einzugsgebietes in der Republik an den Gedanken dazu teilhaben.

Shiva

Es handelt sich bei dem Herren mit dem Kopfband um Mike Shiva, der erst im November von über 4000 Lesern des anderen Blattes – Blick – zum „Nervigsten Schweizer 2008“ gewählt wurde. Die Schweizer meinte, dass er auf dem Mond leben sollte. Wie erwähnt „der Hellseher“ der Schweizer Nation. Bekannt aus Funk und Schweizer Fernsehen (den werbefinanzierten Sendern). Mit seiner weichen Stimme und dem Jingle – der Erkennungsmusik – zum Werbeauftritt spät Nachts erzeugt er bei mir und Brüderchen Mike immer den sofortigen Zwang in ein anderes Programm umzuschalten.

Aber was steckt hinter der Anzeige in 20Minuten? Kein Absender und kein Text schmückt die halbe Seite. Dafür fehlen die schmückenden Frontzähne. Ist dies nun eine Werbung von Mike Shiva selbst in Guerilla-Manier, um für sich und seine Sache zu werben? Oder hat hier ein Gegner von Mike weder Kosten noch Mühen gescheut anonym dem Hellseher „eins auszuwischen“? Einer Morddrohung gleich? Nein, entfernte Frontzähne wären eine mögliche Körperverletzung. Was steckt also hinter der Anzeige? Wird daraus eine ganze Kampagne? Fragen über Fragen.

Achja, die Textstelle aus dem Songtext der Ärzte kommt noch:

lass die leute reden und lächle einfach mild
die meisten Leute haben ihre bildung aus der bild
und die besteht nun mal, wer wüsste das nicht
aus angst, hass, titten und dem wetterbericht

Auch ohne Frontzähne morgen noch kraftvoll zubeissen 🙂

UPDATE (01.12.2008): Das Rätsel ist gelöst: Der zahnlose Mike Shiva lächelte für den Verkaufsbeginn der Tickets für die Eishockey-WM von den Plakatwänden.


28.11.2008 – Schweiz vs. Deutschland: 75 000 Schweizer leben in Deutschland – alles relativ, odrrr?

28. November 2008

Gerade lese ich über Mittag den Artikel in der baz.online „Auswanderungsland Deutschland: Wenn Tellensöhne die Ausländer sind„. Beim Überfliegen der Schlagzeile las ich zuerst „Tellersöhne“. Was sind denn „Tellensöhne“? „Tell“ steht für „1 Person Schweizer“. Der Sohn von Tell heisst dann wohl „Tellsohn“. Dann sind viele Personen Schweizer also „Tellen“ und viele Söhne der Schweizer also „Tellensöhne“. Wirklich kreativ! Erinnert mich an das Karl Valentinische Wortspiel mit den „Semmelnknödeln“. Schliesslich werden die Knödeln auch aus Semmeln gemacht.

Aber Schubladisieren wir das mal kurz und wenden uns der Zahl der Auslandstellen (kein Schreibfehler, sondern „Ausland“ und „Tellen“) im „grossen nördlichen Kanton“.

Es sind „nur“ 75 000 Schweizer, die in Deutschland leben. Dafür leben nach neuesten Erhebungen 224 000 Deutsche in der Schweiz! Letztes Jahr sind doch glatt 36 000 Deutsche neu in die Schweiz gezügelt (schwiiizerdütsch für „umgezogen“).

Nun könnte der Bildzeitung- bzw. Blick- gebildete natürlich sofort annehmen: „Boah! Da ziehen in einem Jahr soviele Deutsche in die Schweiz! Und nur doppelt so viele leben überhaupt Schweizer in Deutschland!“

Absolut gesehen stimmt das natürlich. Tja, nach Einstein fehlt hier allerdings die Relation. Ich erkläre es kurz: Die Schweiz verfügt derzeit über 7,6 Millionen Einwohner (Stand 2007). In Deutschland hingegen leben derzeit 82,17 Millionen Einwohner. (Stand Februar 2008). Es leben 224 000 Deutsche in der Schweiz und 75 000 Schweizer in Deutschland.

Um die Angelegenheit „Schweizer in Deutschland“ korrekt „relativ“ zu vergleichen, müssten wir nun die Einwohnerzahl der Schweiz so verändern, dass das derzeitige Verhältnis „Deutsche in der Schweiz“ umgekehrt angewandt werden kann; denn aus einem Land mit wenigen Einwohnern stehen auch nur wenige potentielle „Auswanderer“ zur Verfügung. Logisch oder? Aus Andorra können nicht so viele Leute auswandern, wie aus China!

Vorgehensweise:

  1. Das Verhältnis „Einwohner Deutschland zu Einwohner Schweiz“ beträgt 82,17 Mio. zu 7,6 Mio. ergo: Faktor 10.8.
  2. Somit müsste das Auswandererverhältnis (D–>CH zu CH–>D) ebenfalls 10.8 betragen: 224 000 zu 75 000 ergibt aber: 2.98 (gerundet 3).

Somit erkennt, der kluge halbwegs mit mathematisch begabte Erdenbürger, dass im Verhältnis wesentlich mehr Schweizer in Deutschland leben, als umgekehrt.

Beweis: Wir führen nun dem Sachverhalt die relativen Verhältnisse zu. Das heisst: Die Schweiz muss nun bezogen auf die Einwohner 10.8 Mal grösser werden. Nur so kann die Zahl „75 000 Schweizer in Deutschland“ korrekt zu den „224 000 Deutschen in der Schweiz“ eindeutig und realitätsnah verglichen werden.

  1. Die Schweiz wird 10.6 Mal relativ grösser als Deutschland – ergibt 888,4 Mio. Einwohner
  2. Daraus errechnen wir den Multiplikator aus dem Verhältnis „relative CH-Einwohner zu absoluten CH-Einwohner“ (888,4 geteilt durch 7,6 Mio.) – ergibt 116.9
  3. Und nun berechnen wir die relativen Auswanderzahlen aus der relativen Schweiz in das tatsächliche Deutschland (116.9 multipliziert mit 75 000) – ergibt 8,77 Millionen relative Anzahl Schweizer Auswanderer bzw. Auslandsschweizer in Deutschland auch „Tellensöhne“ genannt.

Das heisst, wäre die Schweiz 10,6 Mal grösser als Deutschland, so würde die Auswandererzahl Schweizer Bürger in Deutschland 8,77 Millionen betragen. Somit würde der relative Prozentsatz Auslandsschweizer in Deutschland von 10,7 % ergeben. Ergo: Jeder 10. Bürger in Deutschland wäre ein Schweizer!