07.06.2020 – Aquaristik: Für einmal andere als ausgetretene Pfade (Gedanken zur Aquaristik)


Auszug aus dem Artikel „Für einmal andere als ausgetretene Pfade“ von Peter Schneider.

Bei einem solchen Titel stellt sich zuerst die Frage: Was sind denn ausgetretene Pfade? Ausgetretene Pfade sind nicht geteerte Wege in der (oder in die) Natur. Denn geteerte Wege können nicht ausgetreten werden, wohl aber Wege auf natürlichem Boden. Sie haben dann die Eigenschaft, dass sie immer breiter werden und dass sich auf ihrem Boden immer weniger vegetative Natur ausbreiten kann. Auch ist entlang ihrer Ränder nicht etwa die Natur, die sich ausbreitet, sondern eher die Zivilisation. So sind weisse und auch farbige Punkte an den Rändern ausgetretener Wege niemals Blumen, sondern immer Papier und Plastik von Verpackungen sog. zivilisatorischer Produkte.

ausgetretenepfade_r2_c1Überall hat es improvisierte Feuerstellen voll Asche, umgeben von geschwärzten Steinen, die uns zeigen, wie viele da schon ihr eigenes Süppchen gekocht haben. Ganz anders wenig begangene Wege! Sie sind nicht in aller Leute Munde und werden daher nur selten begangen, sind deshalb aber voller Überraschungen und voller Schönheiten. Und beides: Schönheiten und Überraschungen sind aus der Natur – und nicht aus der Zivilisation. Dort blühen manchmal mitten auf dem Wege die seltensten Pflanzen, die bei ausgetretenen Pfaden nicht einmal an ihren Rändern aufkommen können.

Wollen wir einmal auf dem Gebiet der Aquaristik einen Vergleich zwischen diesen beiden verschieden gestalteten Pfaden anstellen. Begehen wir dabei zuerst einmal die verschiedenen Pfade zur Erkenntnis der Wirkungen verschiedener Lichtarten. Entlang des einen, des ausgetretenen, zieht sich vor allem die Theorie aus einem Versuch von 1882, in welchem ein gewisser Engelmann anhand der Sauerstoffproduktion erkennen wollte, welche spektralen Segmente des Tageslichtes die Fotosynthese, und damit das Wachstum der Pflanzen am meisten fördern. Dazu belichtete er einen Grünalgenfaden (Oedogonium) mit normalem, durch ein Lichtmikroskop spektral aufgefächertem Tageslicht. Dem Wasser beigefügte, Sauerstoff liebende Bakterien sollten ihm durch ihre Konzentration in den verschiedenen Lichtsegmenten anzeigen, in welchen am meisten Sauerstoff produziert werde. Das geschah vorzüglich in den Zonen roten und blauen Lichtes.

Also – so schloss man daraus – brauchen Pflanzen vor allem blaues und rotes Licht zu ihrem Wachstum (denn eben beim Wachstum produzieren sie aus Kohlendioxyd durch seine Spaltung Sauerstoff indem sie den Kohlenstoffteil zum Aufbau ihres Pflanzenkörpers brauchen). Diesen inzwischen völlig ausgetretenen, mühseligen Weg haben mittlerweile schon Abertausende – ihn gewissermassen nachbetend – begangen oder zu gehen versucht, und entlang seiner Ränder befinden sich unzählige Feuerstellen, auf welchen so mancher sein eigenes Süppchen (in der Theorie, aber vor allem auch mit Geschäftspraktiken) gekocht hat, und liegen ferner so viele halb ausgebrannte Fluoreszenzröhren, deren Lichtspektrum exakt für den Pflanzenwuchs zusammengestellt wurde, sodass es echt mühsam wird darauf auch wirklich vorwärts zu kommen. Denn, wenn wir auch einmal voraussetzen wollen, dass die Versuche Engelmanns korrekt vorgenommen und auch richtig interpretiert worden sind, so berücksichtigen sie immerhin noch absolut nicht, dass derselbe Algenfaden, der bei Rot- und Blaulicht mehr Sauerstoff abgibt, weite Strecken auch mit Grün- und Gelblicht beschienen wurde, was war in jenen Abschnitten alles vorgegangen, das vielleicht die nachherige Sauerstoff-Produktion mit Hilfe des Chlorophylls an den rot und blau beschienenen Stellen erst ermöglicht hat.

Noch weniger berücksichtigen sie den Umstand, dass alle Pflanzen von Natur aus an ihren Endpunkten (Spitzen) die grösste Wachstumstätigkeit entfalten und Rot und Blau in der spektralen Zerlegung des Lichtes ebenfalls die jeweiligen Endpunkte der Farbskala bilden. Es müsste also zuerst nachgewiesen werden, dass ein solcher Faden bei unzerlegtem weissem Licht an seinen Endpunkten nicht stärker wächst und darum auch nicht mehr Sauerstoff produziert als in den mittleren Abschnitten. Und sie berücksichtigen gar nicht, dass damit noch lange nicht bewiesen ist, dass alle Pflanzen vor allem nur mit demselben spektralen Lichtanteil am besten assimilieren können. Aber schon die Interpretation war nicht umsichtig genug. Zuerst wäre nämlich nachzuweisen, dass die beim Versuch verwendeten Bakterien sich tatsächlich vor allem des höheren Sauerstoffgehaltes des Wassers wegen im blau und rot belichteten Teil des Wassers aufhielten. Vielleicht bevorzugen und brauchen ja gerade sie selber diese Lichtfarben.

Jeder Aquaristik Anfänger sollte sich das gesamte Dokument durchlesen.

Fortsetzung hier.

von
Peter Schneider
Aquarium Perle
CH-4315 Zuzgen

1 Responses to 07.06.2020 – Aquaristik: Für einmal andere als ausgetretene Pfade (Gedanken zur Aquaristik)

  1. […] Einen weiteren Artikel-Auszug von Peter Schneider zitiere ich hier: „Für einmal abseits der ausgetretenen Pfade„. […]

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