07.10.2009 – Das Transformatorenkartell: EU Kommission büsst sechs Elektrotechnikkonzerne

8. Oktober 2009

Die NZZ und viele andere Medien berichten soeben:

Sechs Elektrotechnikkonzerne sind von der EU-Kommission wegen Absprachen im Transformatorengeschäft mit Millionenbeträgen gebüsst worden. Am stärksten zur Kasse gebeten wurde ABB: Der Technologiekonzern muss mit 33,75 Millionen Euro mehr als die Hälfte der Gesamtsumme von 67,6 Millionen Euro berappen.

Und weiter:

ABB ist seit den 1980-er Jahren in mehreren Kartellrechtsfällen gebüsst worden, war aber auch in Insider- und Bestechungsaffären verwickelt. Zudem war in Italien ein Fall von Bilanzschönung bei einer Tochterfirma aufgeflogen. Im vergangenen Dezember hatte ABB bekannt gegeben, dass zu Lasten der Rechnung des dritten Quartals 2008 unter anderem für hängige Rechtsfälle in den USA und in Europa sowie für Restrukturierungen insgesamt 850 Millionen Dollar zurückgestellt worden waren.

Was war passiert? Die Firmen aus Europa und Japan sollen von 1999 bis 2003 ihre Märkte aufgeteilt haben. Auch Areva, Alstom, Hitachi, Fuji Electric und Toshiba werden zur Kasse gebeten. Siemens hat nach eigenen Angaben „maßgeblich“ an der Aufdeckung des Kartells mitgewirkt und ging deshalb als Kronzeuge strafffrei aus.

Sechs beteiligte Mitarbeiter aus dem damaligen Siemens-Bereich Power Transmission and Distribution und einer österreichischen Tochtergesellschaft seien nicht mehr für Siemens tätig. Vertreter der Firmen hätten sich zwei Mal im Jahr in Luxushotels zu Absprachen getroffen. „Den Kartellmitgliedern war jedes Mittel recht, um ihr illegales Verhalten zu vertuschen“, erklärte die Kommission. Die Kartellwächter hatten 2007 mehrere Büros von Siemens und ABB durchsucht. (Quelle Reuters)

Erinnert mich irgendwie stark an das Glühbirnenkartell. „Gibt’s nicht? Gibt’s nicht!“


13.09.2009 – Warum Glühlampenverbot – Das Konsortium aus Wirtschaft, Politik und Medien

13. September 2009

Ich wollte schon vor langer Zeit einen Blogartikel zum Thema „Warum Glühlampenverbot – das Konsortium aus Wirtschaft, Politik und Medien“ verfassen. Kam aber bisher nicht dazu. Die Recherchen zum Artikel findet Ihr eben in den von mir gesammelten Bookmarks. Jeder kann sich nun selbst sein eigenes Bild oder seine eigene Meinung dazu machen. Die Texte sind bis auf den Schlussabsatz Zitate aus der darunter genannten Quelle:

Phoebus, das internationale Glühbirnenkartell mit Hauptsitz in der Schweiz, kontrolliert von der International General Electric Company, von OSRAM und den Associated Electric Industries of Britain. Phoebus (übersetzt: der Leuchtende), unbescheiden benannt nach dem Beinamen des griechischen Gottes Apoll, diktierte die Preise, bestimmte die Lebensdauer der Glühbirne und teilte die Weltmärkte unter sich auf.

Hier spricht der Aushilfshausmeister! – Der Kampf um die Glühbirne (G) – tazblogs

Am Phoebuskartell waren alle großen internationalen Hersteller von Glühlampen beteiligt (Weltmarktanteil > 80%), beispielsweise:

  • General Electric
  • Tungsram
  • Associated Electrical Industries (Nachfolger von Thomson-Houston)
  • Compagnie des Lampes
  • Osram
  • Philips

Wikipedia „Phoebuskartell“ http://de.wikipedia.org/wiki/Ph%C3%B6buskartell

Die Glühbirne: verehrt, verraten und verglüht
“Was für’n Leben, diese Glühbirne – wenn sie nur sprechen könnte und davon erzählen … Tja, wenn’s sonst nichts ist: Sie spricht.” So beginnt Thomas Pynchons Geschichte über die unsterbliche Glühbirne “Byron”, die den Häschern des Elektrokartells Phoebus S.A. entkommt und einen Aufstand der Glühbirnen gegen die Begrenzung ihrer Lebensdauer auf 1.000 Stunden plant.

blog.taz.de Hier spricht der Aushilfshausmeister

Ein stürzender, abstürzender Lichtträger aus unserer Gegenwart, ein idealistischer Prometheus, der mit ökonomischen Interessen der Lampenkartelle kollidierte, war der geniale Dieter Binninger, bis zu seinem Tod 1991 Geschäftsführer einer Weddinger Erfinderwerkstatt. Im Auftrag des Berliner Senats baute er 1976 eine Mengenlehre-Uhr für den Kurfürstendamm. Das Innenleben des heute vor dem Tourist-Information-Center im Berliner Europa-Center stehenden, sieben Meter hohen leuchtenden Zeitanzeigers besteht aus Hunderten von Glühlampen. Weil sie ständig durchbrannten, erfand Binninger, der die Kosten für die Auswechslung der Lampen selber tragen musste, eine Birne, die es auf eine phänomenale Lebensdauer von 150 000 Stunden brachte.
….
Am 5. März 1991 stürzte der mutige Lichtbringer nahe Helmstedt in einer einmotorigen Tobago B 10 unter mysteriösen und bis heute nicht geklärten Umständen tödlich ab. Auch sein Sohn und der Pilot kamen bei diesem Unglück ums Leben.

http://blogs.taz.de/hausmeisterblog/…_gluehbirne_g/

Wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Dieter_Binninger

„Glühbirnenforscher“ Helmut Höge
Helmut Höges Werk zeichnet sich durch eine Reihe verschiedener Forschungsschwerpunkte aus. Darunter fallen zum Beispiel die von ihm selbst als „Pollerforschung“ oder „Glühbirnenforschung“ bezeichneten Gebiete. Letztere ist inspiriert durch Thomas Pynchons Roman Gravity’s Rainbow und Höges Beschäftigung mit Narva in den 1990er Jahren. Als Spezialist für Glühbirnentechnik beschäftigte er sich mit den verschiedenen Auswirkungen von kapitalistischer und kommunistischer Marktpolitik auf die Produktionsweisen von Glühbirnen. Dieser Arbeitsschwerpunkt mündete in „Kartellforschung“; noch seine Analysen des Siemens-Konzerns gehen in diese Richtung. 2001 erschien in Zusammenarbeit mit Peter Berz und Markus Krajewski Das Glühbirnenbuch im Verlag Edition selene.

http://de.wikipedia.org/wiki/Helmut_H%C3%B6ge

Die Glühlampenverschörung:
http://www.v-22.de/content/view/68/34/

Phoebus Nachfolge Organisation: International Electrical Association (Lausanne)
Prozess K. R. Mirow gegen BBC – Elektrokartell IEA (Arbeitsgruppe Dritte Welt – Bern)
The Continuing Cartel: Report on the International Electrical Association. Material compiled by B. Epstein, K.R. Mirow, R.S. Newfarmer, December 1979.
Mappe 1: Prozess Mirow/BBC: Kopien von verschiedenen Arbeitsdokumenten der IEA, 1963-1965.
Mappe 2: [The Monopolies and Restrictive Practices Commission:] Report on the Supply and Exports of Electrical and Allied Machinery and Plant, London 1957; [Auszug aus:] Report on International Electrical Equipment Cartels, 1948.
Namen: Mirow, Kurt R.
http://www.sozialarchiv.ch/Bestaende…44frameset.htm (Ar 44.40.4 Dokumentation II)

Das Glühbirnenbuch von Peter Berz (Autor), Helmut Höge (Autor), Markus Krajewski (Autor)
Aus dem Inhalt: Texte von Erich Fried und Alfred Sohn-Rethel, Warlam Schalamow über den Erfinder einer Glühbirnenaufbereitungsanlage für den GULAG Kolyma, Markus Krajewski: „Vom Krieg des Lichtes zur Geschichte von Glühlampenkartellen“, Ernst Bloch, Vilem Flusser, Arbeitergedicht aus Narva, der Berliner Lampendesigner Stiletto über Glühbirnen, der Kartellkritiker Mirow über Arbeitsweisen des Kartells, Gertrude Stein: „Dr. Faustus lights the light“, Thomas Pynchons Geschichte von Byron der Birne sowie Beiträge über Maxim-Edison, AEG-Siemens und die frühägyptische Glühbirne.
Glühlampenkartelle, über deren sofortige Entstehung Markus Krajewski konzentrierte Auskunft gibt, behindern Erich Fried in seiner Karriere als Glühlampenverbesserer. Helmut Höge hat den Dichter, der als 16-jähriger 1937 ein Patent für Blitzlichtbirnen anmeldete, interviewt. Auch der Berliner Erfinder Dieter Binninger, ebenfalls von Helmut Höge interviewt, wurde von Osram noch in den 80er-Jahren gehörig in die Mangel genommen. Denn Osram passte Binningers langlebige Glühbirne überhaupt nicht.

http://www.amazon.de/Das-Gl%C3%BChbi…/dp/3852661099

In Europa brennen allnächtlich 3,7 Milliarden Glühbirnen. Welch ein Markt!

Und noch etwas kommt hinzu. Die Lebenszeit einer Glühlampe ist abhängig von der Betriebsspannung. Diese wurde 1987 von 220 V allerdings auf 230 V angehoben.

Die Lebensdauer einer Glühlampe fällt mit steigender Lichtausbeute durch die höhere Glühfadentemperatur drastisch ab. Bei 2700 K erreichen konventionelle Glühlampen eine Standzeit von ca. 1000 Stunden, bei 3400 K (Studiolampen) von nur wenigen Stunden. Wie das Diagramm zeigt, verdoppelt sich die Helligkeit, wenn man die Betriebsspannung um 20 % erhöht. Gleichzeitig reduziert sich die Lebensdauer um 95 %. Eine Halbierung der Betriebsspannung (zum Beispiel durch Reihenschaltung zweier gleichartiger Glühlampen) verringert demnach zwar den Wirkungsgrad, verlängert aber die Lebensdauer um mehr als das Tausendfache.

Die Lebensdauer einer Glühlampe wird meist nicht durch gleichmäßiges Abdampfen von Wendelmaterial bestimmt, als durch das Durchbrennen an einer Stelle. Grund ist eine Instabilität, die mit der Zunahme des elektrischen Widerstandes mit der Temperatur zusammenhängt: Stellen des Glühfadens, die nur wenig dünner sind und sich beim Einschalten zunächst nur aufgrund der höheren Stromdichte schneller aufheizen, haben dann auch noch aufgrund ihrer Übertemperatur einen höheren Widerstand, heizen sich kuzzeitig extrem auf und verlieren dabei etwas Material durch Verdampfen. Beim nächsten Einschalten verschärft sich das Problem. Beim letzten Einschalten kann von der Unterbrechungsstelle sogar eine Bogenentladung im Füllgas ausgehen.
Eine Möglichkeit, die Lebensdauer zu verlängern, ist daher die Begrenzung des Einschaltstroms oder die in der Veranstaltungstechnik häufig angewandte Vorheizung (engl. Pre Heat) durch einen permanenten Stromfluss knapp unterhalb der Leuchtschwelle.

Glühlampe ? Wikipedia

Die Spannung 230 V wurde in der internationalen Norm IEC 60038:1983 als Standardspannung festgelegt. Bis 1987 betrug die Netzspannung in Deutschland 220 V mit einer Toleranz von ±10 %. Danach erfolgte zunächst eine Umstellung in mehreren Abstufungen auf 230 V +6 % und -10 %. Von 2009 an darf die Netzspannung von 230 V um ±10 % abweichen. Dann sind 207 Volt bis 253 Volt in der Toleranz möglich.

Netzspannung ? Wikipedia

Somit ist der vorzeitige Tod aller übrigen Glühlampen ab 2009 durch Anhebung der Netzspannung bereits vorprogrammiert. Dann kollabiert der Glühfaden an der vorgesehenen „Sollbruchstelle“ bereits etwas früher.

PS: Von Erich Fried stammt das Gedicht: „Was es ist“