08.06.2020 – Aquaristik: Über die Ernährung von Wasserpflanzen – Wasserwechsel im Aquarium

8. Juni 2020

Hier ein Auszug aus dem Büchlein „Über die Ernährung von Wasserpflanzen“ von Peter Schneider – über 40 Jahre lang Züchter von Wasserpflanzen in der Schweiz. Seine Frau züchtete Aquarienfische. Daraus entstanden wesentliche Erkenntnisse, welche mir vor 10 Jahren bei meinem Restart Aquaristik sehr halfen meine (fast) techniklosen Aquarien erfolgreich zu betreiben. Eines – das „Whitesands“– habe ich heute noch. Und ich betreibe es nach den Prinzipien von Peter Schneider. Ich lege jedem Einsteiger in die Aquaristik die Büchlein von Peter Schneider nahe. So vermeidet man viele Anfängerfehler und wird zudem nicht zum Opfer der Aquaristikindustrie, die für jede Situation ein entsprechendes Wundermittelchen oder die entsprechende Technik bereithält. Die Büchlein sind einzeln (je 5 CHF) oder besser zusammen beim Aquarium-Perle Verlag für 25 CHF online zu beziehen.

In diesem Auszug aus dem Beitrag „Über die Ernährung von Wasserpflanzen“ geht es um das Thema „Wasserwechsel“. Auch nach meiner Erfahrung mit meinen Becken reicht ein Wasserwechselrhythmus von 4-8 Wochen vollkommen aus – im Gesellschaftsbecken. Wenn es genug Pflanzen und genug Schnecken im Aquarium hat. Bei mir ist auch kein grosser Aussenfilter im 250 Liter „Whitesands“ Becken installiert. Ein kleiner Innenfilter von AquaEl sorgt für eine leichte Wasserbewegung und filtert mir Schwebstoffe aus. Dieser kleine Innenfilter wird gereinigt, wenn nur noch wenig Durchfluss sichtbar ist. Sonst hat das Technik (ausser einer Beleuchtung mit 840er Neonröhre) keine weitere Technik. Bei Barschbecken sieht es ggf. anders aus. Wenn ich wöchentliche Teilwasserwechsel machen müsste, hätte ich gar nicht wieder mit der Aquaristik angefangen. Also lassen Sie sich nichts einreden.

Es gibt viele Methoden, die verschiedenen Bedürfnisse von Pflanzen zu erforschen. Die einfachste und sicherste ist die Praxis – nicht das Experiment. Denn in der Isolation des Labors fehlen so manche Umweltfaktoren, dass die Resultate nicht oder nur sehr bedingt mit der Praxis übereinstimmen. Das ist in ganz besonderem Masse bei einem Aquarium der Fall, weil dort alle Faktoren isoliert von der grossen und ausgleichenden Natur zustande kommen und es ausser einem Wasserwechsel keine Unterstützung aus dem grossen Reservebereich der Natur gibt. Aber eine aufmerksame Beobachtung des Geschehens bei der Pflanzenzucht vermittelt ein abgerundetes Bild über die Notwendigkeiten und Voraussetzungen für ein gedeihliches Pflanzenleben im Aquarium. Dass meine in 40 Jahren erworbenen Erkenntnisse den heute gängigen Ansichten widersprechen, beruht lediglich auf der Tatsache, dass ich nicht an der Herstellung und dem Verkauf überflüssiger und die Umwelt belastender so genannten Pflegemittel ein Interesse habe, sondern an der einfachsten und preisgünstigsten Methode, Wasserpflanzen gesund und schnell vermehren zu können – und das unter Wasser, weil nur derart gezogene Wasserpflanzen beim Kunden zügig an- und weiterwachsen.

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Wir können nach dem grundsätzlich Beschriebenen nun noch auf einige Details der Praxis eingehen: Es lässt sich nicht vermeiden, dass durch den Fischkot mit der Zeit trotz aller Vorsicht nicht doch ein Ungleichgewicht der Stoffe zustande kommt, das sich in wenig ausgeprägter Form lediglich durch einen Rückgang der Wachstumsgeschwindigkeit bemerkbar macht. Darum ist ein Wasserwechsel alle 8 Wochen ein gutes Mittel, rechtzeitig gegen ein mögliches Ungleichgewicht der Stoffe vorzugehen, noch ehe es Wirkung zeigt. Dazu rate ich, obwohl wir in Versuchen Aquarien mit über einem Jahr alten Wasser noch durchaus gesund erhalten konnten. Bedingungen dazu waren: eher weniger Fische und rechtzeitiges Auslichten resp. Zurückschneiden der Pflanzen, sodass pro Eingriff das Pflanzenvolumen nie mehr als maximal um 10% vermindert wird – und das, bevor ein Dickicht entstanden ist, welches die unteren Pflanzenteile bereits zum Absterben gebracht hat. Wer aber auf Nummer sicher gehen will, wechsle alle acht Wochen vier Fünftel des gesamten Wasservolumens, senke also mit andern Worten den Wasserspiegel so tief ab, dass die Fische gerade noch über dem Boden stehen können, bevor er das neue Wasser einlaufen lässt. Hat jemand zu viele Fische, so kann ein solcher Wechsel auch alle 6 oder gar alle 5 Wochen stattfinden. Bei reinen Salmlergesellschaften reicht allerdings auch ein regelmässiger dreimonatlicher Wasserwechsel aus.

Der heute überall empfohlene kleine Wasserwechsel alle 2 Wochen oder gar jede Woche bringt da nichts – ausser den Anbietern von Wasseraufbereitungsmitteln mehr Umsatz und Gewinn. Ich rate aber dringend von der Verwendung solcher Mittel ab, weil sie die Pflanzen immer leicht schädigen und die Fische in gesunden Aquarien nicht darauf angewiesen sind. Frage: Wem soll man bei zwei sich widersprechenden Ansichten eher glauben? Antwort: Keinem! Man probiere selber beides aus. Wer sich jedoch aus Bequemlichkeit solche Umtriebe ersparen will, der achte eher auf seine Gefühle und beurteile dann erst mit dem Verstande die Antwort seines Gefühles. Suchen wir uns also einmal eine ähnliche Situation, wo wir gefühlsmässig beurteilen können, ob hohe Konstanz oder eher Abwechslung gesundes Leben fördert. Eine reizlose Arbeit beispielsweise – wie das Autofahren auf einer Autobahn – ermüdet viel schneller als eine reizvolle Fahrt über eine hügelige Landschaft. Die Reize sind es also, die das Leben wecken und fördern. Wer in einem eher kühlen Raum kalt hat, bekommt schneller warm, wenn er in frischer – wenn auch noch kälterer Luft – einige tüchtige Bewegungen macht, als wenn er die Temperatur des Raumes nur ganz leicht (und damit zu wenig) erhöht. Auch die Kneipp’schen Wasserkuren mit kaltem Wasser verändern eine Krankheitssituation oft schneller und nachhaltiger als eine sonst gut gewählte Medizin, weil sie durch ihren umfassenden Reiz den ganzen Menschen beeinflussen, und nicht nur auf den kranken Punkt hinwirken. Auch hat ein kontinuierlich belüfteter Raum weniger „Atmosphäre“ als ein geschlossener Raum, der hin und wieder recht durchlüftet wird. Das alles erkennen wir auch bei einem Wasserwechsel in der Grössenordnung von vier Fünfteln des Volumens: Die Pflanzen beginnen schneller zu wachsen, die Fische sind lebhafter, geweckter, während des Wechsels sogar übermütig.

Wenn nach zwei bis drei Jahren ein solch umfassender Wasserwechsel nicht mehr denselben Erfolg wie frühere bringt, dann liegt das am Überschuss der Nährstoffe, die in Bodennähe ein förmliches Depot gebildet haben – etwa vergleichbar dem zuviel eingerührten Zucker in einer Tasse Tee. Dann müssen wir – wie eingangs schon einmal erwähnt – drei Mal im Abstand von je sieben Tagen einen Wasserwechsel von vier Fünfteln vornehmen, um mit dem zweiten und dritten Wechsel jeweils jene Menge Nährstoffe auszuschwemmen, die der vorherige Wechsel durch das frische Wasser von diesem Depot am Boden wieder neu gelöst hat. Alsdann genügen wieder die üblichen zweimonatlichen Wasserwechsel. Es ist ja klar, dass wir bei jedem Wasserwechsel den eventuell über dem Boden sich befindenden Mulm mit dem Wasser zusammen absaugen. Wenn wir dabei sehen, dass auch die oberste Bodenschicht schon ziemlich mit Mulm durchsetzt ist, so verwenden wir zum Absaugen eine Absaugglocke in der Art, wie weiter oben beschrieben wurde.

Den gesamten – sehr interessanten – Artikel „Über die Ernährung von Wasserpflanzen“ findet man hier. Man kann sich auch die gesamte Serie der Büchlein von Peter Schneider für 25 CHF bestellen.

Einen weiteren Artikel-Auszug von Peter Schneider zitiere ich hier: „Für einmal abseits der ausgetretenen Pfade„.


07.06.2020 – Aquaristik: Für einmal andere als ausgetretene Pfade (Gedanken zur Aquaristik)

7. Juni 2020

Auszug aus dem Artikel „Für einmal andere als ausgetretene Pfade“ von Peter Schneider.

Bei einem solchen Titel stellt sich zuerst die Frage: Was sind denn ausgetretene Pfade? Ausgetretene Pfade sind nicht geteerte Wege in der (oder in die) Natur. Denn geteerte Wege können nicht ausgetreten werden, wohl aber Wege auf natürlichem Boden. Sie haben dann die Eigenschaft, dass sie immer breiter werden und dass sich auf ihrem Boden immer weniger vegetative Natur ausbreiten kann. Auch ist entlang ihrer Ränder nicht etwa die Natur, die sich ausbreitet, sondern eher die Zivilisation. So sind weisse und auch farbige Punkte an den Rändern ausgetretener Wege niemals Blumen, sondern immer Papier und Plastik von Verpackungen sog. zivilisatorischer Produkte.

ausgetretenepfade_r2_c1Überall hat es improvisierte Feuerstellen voll Asche, umgeben von geschwärzten Steinen, die uns zeigen, wie viele da schon ihr eigenes Süppchen gekocht haben. Ganz anders wenig begangene Wege! Sie sind nicht in aller Leute Munde und werden daher nur selten begangen, sind deshalb aber voller Überraschungen und voller Schönheiten. Und beides: Schönheiten und Überraschungen sind aus der Natur – und nicht aus der Zivilisation. Dort blühen manchmal mitten auf dem Wege die seltensten Pflanzen, die bei ausgetretenen Pfaden nicht einmal an ihren Rändern aufkommen können.

Wollen wir einmal auf dem Gebiet der Aquaristik einen Vergleich zwischen diesen beiden verschieden gestalteten Pfaden anstellen. Begehen wir dabei zuerst einmal die verschiedenen Pfade zur Erkenntnis der Wirkungen verschiedener Lichtarten. Entlang des einen, des ausgetretenen, zieht sich vor allem die Theorie aus einem Versuch von 1882, in welchem ein gewisser Engelmann anhand der Sauerstoffproduktion erkennen wollte, welche spektralen Segmente des Tageslichtes die Fotosynthese, und damit das Wachstum der Pflanzen am meisten fördern. Dazu belichtete er einen Grünalgenfaden (Oedogonium) mit normalem, durch ein Lichtmikroskop spektral aufgefächertem Tageslicht. Dem Wasser beigefügte, Sauerstoff liebende Bakterien sollten ihm durch ihre Konzentration in den verschiedenen Lichtsegmenten anzeigen, in welchen am meisten Sauerstoff produziert werde. Das geschah vorzüglich in den Zonen roten und blauen Lichtes.

Also – so schloss man daraus – brauchen Pflanzen vor allem blaues und rotes Licht zu ihrem Wachstum (denn eben beim Wachstum produzieren sie aus Kohlendioxyd durch seine Spaltung Sauerstoff indem sie den Kohlenstoffteil zum Aufbau ihres Pflanzenkörpers brauchen). Diesen inzwischen völlig ausgetretenen, mühseligen Weg haben mittlerweile schon Abertausende – ihn gewissermassen nachbetend – begangen oder zu gehen versucht, und entlang seiner Ränder befinden sich unzählige Feuerstellen, auf welchen so mancher sein eigenes Süppchen (in der Theorie, aber vor allem auch mit Geschäftspraktiken) gekocht hat, und liegen ferner so viele halb ausgebrannte Fluoreszenzröhren, deren Lichtspektrum exakt für den Pflanzenwuchs zusammengestellt wurde, sodass es echt mühsam wird darauf auch wirklich vorwärts zu kommen. Denn, wenn wir auch einmal voraussetzen wollen, dass die Versuche Engelmanns korrekt vorgenommen und auch richtig interpretiert worden sind, so berücksichtigen sie immerhin noch absolut nicht, dass derselbe Algenfaden, der bei Rot- und Blaulicht mehr Sauerstoff abgibt, weite Strecken auch mit Grün- und Gelblicht beschienen wurde, was war in jenen Abschnitten alles vorgegangen, das vielleicht die nachherige Sauerstoff-Produktion mit Hilfe des Chlorophylls an den rot und blau beschienenen Stellen erst ermöglicht hat.

Noch weniger berücksichtigen sie den Umstand, dass alle Pflanzen von Natur aus an ihren Endpunkten (Spitzen) die grösste Wachstumstätigkeit entfalten und Rot und Blau in der spektralen Zerlegung des Lichtes ebenfalls die jeweiligen Endpunkte der Farbskala bilden. Es müsste also zuerst nachgewiesen werden, dass ein solcher Faden bei unzerlegtem weissem Licht an seinen Endpunkten nicht stärker wächst und darum auch nicht mehr Sauerstoff produziert als in den mittleren Abschnitten. Und sie berücksichtigen gar nicht, dass damit noch lange nicht bewiesen ist, dass alle Pflanzen vor allem nur mit demselben spektralen Lichtanteil am besten assimilieren können. Aber schon die Interpretation war nicht umsichtig genug. Zuerst wäre nämlich nachzuweisen, dass die beim Versuch verwendeten Bakterien sich tatsächlich vor allem des höheren Sauerstoffgehaltes des Wassers wegen im blau und rot belichteten Teil des Wassers aufhielten. Vielleicht bevorzugen und brauchen ja gerade sie selber diese Lichtfarben.

Jeder Aquaristik Anfänger sollte sich das gesamte Dokument durchlesen.

Fortsetzung hier.

von
Peter Schneider
Aquarium Perle
CH-4315 Zuzgen